Der perfekte Reifen fürs Rad

Schwarz. Rund. Langweilig? Mitnichten! Die Reifen sind das Bauteil mit dem größten Tuningspotenzial. Besonders im Bereich (E-)MTB. Denn das Reifenpaar stellt den Bodenkontakt her und überträgt damit jeden Impuls von Bikerin oder Biker auf den Untergrund. Dazu tragen die Pneus zur rotierenden Masse bei und nehmen auch damit extremen Einfluss auf die Charakteristik eines Bikes. Kein Wunder, dass alle Produktmanager der Reifenindustrie ganz genau überlegen, welche Reifen sie ab Werk auf das Komplettrad montieren.

Die schier unendliche Modellvielfalt der Hersteller, samt zig Größen-, Gummi- und Karkassenoptionen macht die Reifenauswahl für sein Fahrrad aber nicht einfach. Versuchen wir uns also im Dschungel der Fahrradbereifung einmal zurechtzufinden. Man kann am Anfang erst einmal sein Bedingungsfeld analysieren und da tauchen schon die ersten Fragen auf: Auf welchem Untergrund fahre ich überwiegend? Welche Reifenbreite lässt sich überhaupt montieren? Fahre ich lieber Tubeless oder doch Schlauch und wenn ja, welcher? Brauche ich einen hohen Pannenschutz? Was darf er kosten? Hier empfiehlt sich daher der Gang zum Händler, der auf die Fragen schnell eine Antwort findet.

Wer hilft bei der Auswahl?

Bei einigen Radgattungen, wie Lastenrädern oder MTB werden zum großen Teil vorne und hinten unterschiedliche Reifen gefahren. Eine Kombination gerade im Mountainbike-Bereich ist bei genauer Betrachtung einleuchtend: Der Vorderreifen muss vor allem Brems- und Lenkkräfte übertragen, zudem liegt auf ihm im Talschuss durch die Schwerpunktverlagerung mehr Gewicht an. Hier empfehlen sich daher grobe Seiten- und deutlich profilierte Mittelstollen. Verstärken lässt sich dies durch eine weiche Gummimischung. Diese klebt bei schwierigen Bedingungen besser am Boden. Der Hinterreifen wiederum hat weniger Führungsarbeit zu leisten und kommt meist mit einem speziell auf der Lauffläche härteren Gummi daher. Die Mittelstollen sind leicht angeschrägt, was wiederum die Traktion verbessert. Auch der Begriff Mullet-Bike spielt eine immer größere Rolle. Auf der Vorderachse werden große und eher schmale 29“-Reifen gefahren, die sich besser im rauen Gelände kontrollieren lassen. Auf der Hinterachse dann kleine und breite 27,5“-Reifen, die die Manövrierbarkeit verbessern.

Nachhaltige Technik

Allein an diesem Exkurs zum Mountainbike sieht man das große Spektrum bei der Auswahl eines Reifens. Aber nicht nur Performance und Preis sollten bei der Kaufentscheidung im Vordergrund stehen. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ findet immer mehr Einklang in unseren Alltag. Schwalbe beispielsweise recycelt gemeinsam mit 1600 Händlern alte oder defekte Schläuche und Reifen. Nach der Zerkleinerung im saarländischen Dillingen bleiben Stahl, Gewebe und Gummigranulat. Letzteres wird in Sekundärrohstoffe umgewandelt. Gegenüber der Reifenverbrennung sollen durch das Verfahren 80Prozent CO2 eingespart werden. Aber auch Continental, die sogar einige Reifen noch in Deutschland fertigen, setzen auf ökologische Reifen. Hier kommt der Rohstoff „Löwenzahn“ ins Spiel. Der seit 2019 im Handel erhältliche Fahrradreifen Urban Taraxagum vereint als erstes Serienprodukt aus Löwenzahnkautschuk lokale Produktion mit kurzen Transportwegen in der Lieferkette. Er wurde speziell für den nachhaltigen Lifestyle entwickelt.

Die Antwort auf die Frage nach dem perfekten Reifen für mein Rad kann also nur individuell beantwortet werden. Als Vielfahrer kann ich nur den Tipp geben, auch mal einen anderen Reifen zu testen, um die Pro´s und Contra´s für sich abzuwägen. Es muss ja nicht immer der eine Reifen für´s Fahrrad sein, vielleicht entscheidet man sich je nach Jahreszeit auch mal für ein anderes Modell.

Hagen Flachs

Der Reifen im Alltag

Worauf achten wir Alltagsradler beim Reifenkauf? Wichtige Kriterien sind der Pannenschutz, Rollwiderstand, Komfort, Gewicht, Grip und Haftung und natürlich der Preis. Da die meisten Reifen relativ langlebig sind mit Laufleistungen über 10.000 km, spielt die Verschleißfestigkeit eher ein geringe Rolle.

Ich fahre (noch) ohne E., meine Kriterien sind:

Geringes Gewicht, Rollwiderstand und Komfort, gefolgt von Pannensicherheit, Haftung und Preis. Geringer Rollwiderstand und hoher Komfort widersprechen sich eigentlich, denn ein schmaler Reifen mit hohem Druck gefahren läuft nun wirklich besser ein breiter Reifen. Für mein Alltags- und Reiserad möchte ich jedoch einen breiten „Schlappen“ haben. Das resultiert auch aus Erfahrungen bei einer Radreise an der Ostsee in Polen (In Dünengebieten ist mit Sand zu rechnen!). Radwege in Osnabrück und umzu sind aber auch keine glatten Asphaltpisten. Daher fahre ich 50 mm breite Reifen.

Pannensicherheit und Lebensdauer

Für viele Radfahrer steht jedoch die Pannensicherheit bei der Auswahl an erster Stelle. Wer zur Arbeit durch Osnabrück fahren muss, kann Scherben kaum ausweichen, und ein Plattfuß ist auf dem Weg zur Arbeit oder zum Bahnhof extrem ärgerlich. Pannensichere Reifen sind dicker und haben daher ein höheres Gewicht. Daher laufen sie schwerer, insbesondere beim Beschleunigen. Und die Gewichtsunterschiede können groß sein: der 50mm breite Faltreifen wiegt 550 g, ein anderer mit höchstem Pannenschutz dagegen 1150 g.

Grip und Haftung sind eher für sportlich Ambitionierte von Bedeutung, sei es auf dem Rennrad oder dem Mountainbike. Die meisten Reifen, die ich fahre, haben wenig oder kein Profil. Das Alltagsrad im Winter kann etwas Profil aber gut gebrauchen, sind dann trockene Straßen doch die Ausnahme; meist ist es feucht und manchmal nass, selten auch glatt durch überfrierende Nässe und ganz selten liegt Schnee. Daher fahre ich gut profilierte Reifen im Winter. Der höhere Rollwiderstand im Vergleich zu glatten breiten Reifen ist aber deutlich zu spüren, der Umstieg im Frühjahr ist eine Wohltat.

Der 50 mm breite, fast profillose Reifen hat einen weiteren großen Vorteil: Er läuft und läuft und läuft, nunmehr seit fast 20.000 km. Schmalere Reifen der Breite 35mm hatten bisher etwa 12-13.000 km erreicht. Bei 28 mm auf dem Randonneur sind es nur 6000 km geworden.

Wolfgang Driehaus