Osnabrück schwach beim Sicherheitsgefühl

Fahrradklimatest 2022

Bei der Jubiläumsausgabe des ADFC-Fahrradklima-Tests schafft es Osnabrück trotz leicht gesunkener Gesamtnote auf Platz 32 von 40 der fahrradfreundlichsten Städte in ihrer Größe. 965 Osnabrücker haben bei der bundesweiten Befragung mitgemacht. Lob gab es wieder für Werbung fürs Radfahren, wenig Konflikte mit Fußgängern und geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung. Gut schnitten nach absoluten Zahlen auch die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und Radfahren durch Alt und Jung ab. Unzufrieden sind Osnabrücks Radfahrende vor allem mit dem Fahren auf Radwegen und Radfahrstreifen, das wenig Spaß bereitet, und dem mangelnden Sicherheitsgefühl. Am schlechtesten von allen Fragen wurde mit der Note 5,4 die Breite der Radwege bewertet. Die jüngsten Maßnahmen der Stadt am Wallring werden von Radfahrer aber positiv aufgenommen.

Es muss sich in Osnabrück noch viel verbessern

Der Vorsitzende Wolfgang Driehaus sagt dazu: „Osnabrück hat seine Bewertung immerhin halten können. Die Ergebnisse des FKT 22 sind weitgehend identisch zum letzten Test aus dem Jahr 2020. Bedenklich finden wir, dass sich Osnabrücker Radelnde immer noch unsicher fühlen auf ihren Wegen durch Osnabrück. Es muss sich in Osnabrück noch viel verbessern.“

Osnabrück liegt bundesweit auf Platz 32 von 40 in der Kategorie der Städte 100.000 – 200.000 Einwohner, im Landesvergleich auf dem 6. Platz von 6. Es wurde sogar von Hildesheim überholt. Gegenüber dem letzten Test im Jahr 2020 hat sich Osnabrück relativ konstant gehalten (-0,01 Punkte). Im Durchschnitt geben die Osnabrücker die Note 4,31 für die Fahrradfreundlichkeit. Das Ziel des „Fahrradstadtbeschlusses“ vom Mai 2019 scheint in weite Ferne gerückt. Demnach sollte Osnabrück im Jahr 2030 unter die 5 besten Fahrradstädte rücken.

Unsere Verkehrsgruppe hat die aktuellen Ergebnisse im Detail analysiert

Als Positiv (Note 2,7) werden geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung bewertet. Diese finden sich insbesondere im Katharinenviertel, das von besonders vielen Radfahrer:innen genutzt wird. Der ADFC Osnabrück sieht in Einbahnstraßen einen sinnvollen Baustein zur Verkehrslenkung und Verbesserung der Fahrradinfrastruktur in Osnabrück.

Trotz aller Kritik bewerten die Osnabrücker die Erreichbarkeit des Zentrums sowie die Tatsache, dass alle Altersklassen Rad fahren als positiv. Konflikte mit Fußgängern erhalten eine Note von 3,7, und stellen somit für ca. die Hälfte aller Befragten eine Herausforderung dar. Dass es besser geht, zeigen Städte wie Emlichheim (Note 2,5) und Nordhorn (Note 2,7). Hier sind Rad- und Fußwege in der Regel sehr breit.

Schaut man sich die schlechtesten Bewertungen in Osnabrück an, wird weiterhin die Breite der Radwege kritisiert. Es ist für die Radfahrenden sehr erfreulich, dass seit 2023 mit der Umwidmung von Fahrspuren und Parkplätzen an der Mindener Straße und am Wallring begonnen wurde. Der jüngste Dooring-Unfall an der Mindener Straße zeigt aber auch, dass nur durchgängige Wege Sicherheit versprechen und nicht einzelne und nicht zusammenhängende Teilstücke.

Die konsequente Einrichtung breiter Radwege dürfte dann auch das Sicherheitsgefühl, das Fahren auf Radwegen und Radfahrstreifen (jeweils Note 5,1) verbessern. In Osnabrück fühlen sich nur 21% ausreichend sicher, die Noten 5 und 6 wurden von 79 % vergeben, eine dramatische Einschätzung. Gemessen an dieser Bewertung hat Osnabrück allerdings einen sehr hohen Radfahreranteil an den täglichen Wegen.

Auf diesen Radwegen droht Dooring-Gefahr (©Detlef Heese)

Eine Lösung für die als mangelhaft bewertete Falschparkerkontrolle auf Radwegen (Note 5,1) zeichnet sich aus Sicht des ADFC bisher leider nicht ab. Positiv ist die Tatsache, dass private Anzeigen von der Stadt bearbeitet werden. Wir sehen diese Aufgabe jedoch primär als Aufgabe der Verwaltung und nicht der Bürger für sichere Rad- und Fußwege zu sorgen. Für eine grundlegende Verhaltensänderung von Falschparkenden ist die Kontrollrate des Ordnungsamtes zu gering und findet insbesondere nachts und am Wochenende zu selten statt.

Das Fahren im Mischverkehr mit Kfz erzeugt Konflikte zwischen Rad- und Autofahrenden (Note 5,0), ein Ergebnis das sich mit den Messungen des ADFC Osnabrück mit Hilfe des OpenBikeSensors deckt. Die Messungen haben ergeben, dass im Schnitt 2/3 aller Überholungen den geforderten Mindestabstand von 1,5m unterschreiten. Auf den vierspurigen Straßen und dem Wallring wurde noch häufiger noch enger überholt.

Ad-hoc-Maßnahmen am Wallring werden wahrgenommen

Der genaue Vergleich mit den Ergebnissen von 2020 offenbart, dass Osnabrück sich nur bei einer Frage leicht verschlechtert hat: Radfahrende vermissen eine bessere Wegweisung. Andererseits wird die Frage „wurde in jüngster Zeit besonders viel für den Radverkehr getan?“ jetzt mit 3,8 deutlich besser bewertet als noch 2020 mit 4,5. Die Änderungen, insbesondere die Ad-hoc-Maßnahmen am Wallring werden demnach wahrgenommen. Vorschusslorbeeren wurden jedoch nicht vergeben, zumal sich viele Maßnahmen gegenüber den Ankündigungen um viele Monate verzögert haben.

So eng wird in Osnabrück überholt.
So eng wird in Osnabrück überholt.

Wir fordern insbesondere eine Verbesserung der Infrastruktur nicht nur in der Kernstadt, sondern auch an der Peripherie der Stadt und im Landkreis Osnabrück, damit Pendler sichere und bequeme Wege für Beruf und Freizeit bekommen. Das kann nur gelingen, wenn der Bund die Kommunen langfristig unterstützt – mit einer jährlichen Fahrradmilliarde. Außerdem brauchen wir dringend eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes, damit die Stadt Osnabrück mehr Gestaltungsfreiheit bekommen, um die Radfahrbedingungen bei uns vor Ort zu verbessern.