Pagenstecher Straße bekommt Radwege – irgendwann.

Radwege oder Bäume?

Die Pagenstecher Straße in Osnabrück soll endlich sichere Radwege bekommen. Wir erinnern uns: Die Pagenstecher Straße fällt durch viele Unfälle auf, in denen immer wieder Radfahrende schwer verletzt werden. Vor knapp 3 Jahren verunglückte eine Schülerin auf dem Fahrrad tödlich. Viele Vorschläge zur Verbesserung, um die Straße mit richtigen Radverkehrsanlagen auszustatten wurden diskutiert. Auch wir vom ADFC machten im Jahr 2020 den Vorschlag, die Parkstreifen „einfach“ umzuwidmen. Jedoch: Einfach ist gar nichts in einer bestehenden Straße, schon gar nicht in Deutschland. Kurzum: der Raum der Parkstreifen reicht nicht aus, im Seitenraum sind viele Bäume im Weg, und die Trennzone zur Autofahrbahn wäre zu schmal.

In diesem Jahr kam neue Bewegung in die Sache: Im Juni fasste der Rat einen Beschluss, die Pagenstecher Straße mit ERA-konformen Radwegen auszustatten und dazu die bisher äußeren Fahrspuren zu nutzen. Die Bäume entlang der Straße bleiben dabei erhalten. Alles in allem eine optimale Lösung aus Sicht der Radfahrenden, der Verkehr-Wendenden und der Klima- und Baumschützer.

Aber: Blöd aus Sicht des anliegenden Gewerbes, denn 3 Firmen können nicht auf dem Firmengelände beliefert werden, die LKW müssen auf der Straße halten – und bringen, wenn die „Page“ zweistreifig wird, den Verkehr zum Erliegen.

Fairer Interessenausgleich?

Also wurde der Beschluss wieder eingerollt und mit der lokalen Wirtschaft ein Kompromiss ausgehandelt: Die Anlieger pflanzen auf Ihrem Grund mindestens 80 neue Bäume, dann können 4 Fahrsteifen bleiben und dennoch Radwege gebaut werden, für die jedoch einige Bäume fallen.

Also möge der Rat von Osnabrück beschließen: Vier Autospuren bleiben, sichere Radwege werden gebaut und die Bäume ziehen auf private Ersatzflächen um! Das ist doch ein politisches Meisterstück: die lokale Wirtschaft beschwert sich und bekommt den schwarzen Peter zugeschoben, für angemessenen Ersatz zu sorgen. Und wenn sie das nicht tun, bleiben eben die großen Bäume und Fahrspuren für Kraftfahrzeuge fallen weg. So geht Politik, fairer Interessenausgleich. 

Bäume kühlen die Stadt

So einfach ist es leider nicht. Um den Wert der vorhandenen Platanen für Umwelt und Stadtklima zu ersetzen müssten wohl mindestens 80 Bäume neu gepflanzt werden.  Diese Altbäume beschatten die versiegelte Fläche der Straße aus Pflaster und Asphalt und sorgen so dafür, dass sich diese unter der sommerlichen Sonne viel weniger aufheizt. Somit erfüllen solche Großbäume eine wichtige Funktion für das Stadtklima, daneben kühlen sie durch Verdunstung, und das Blattwerk filtert Staub aus der Luft. Ersatzbäume auf den angrenzenden Grundstücken können diese Funktion nur zum Teil und erst später übernehmen.

Auch aus Sicht des ADFC müssen die Bäume bleiben. Und trotzdem brauchen Radfahrende sichere Wege, um die vielen attraktive Geschäfte und Gewerbe an der „Page“ zu erreichen. Es darf nicht sein, dass Osnabrück größtes Fahrradgeschäft nur mit dem Auto sicher erreicht werden kann. Die Natruper Straße ist keine Alternative, die wird als Velo-Route zusätzlich gebraucht – und soll vorrangig ausgebaut werden.

Autoverkehr ist das Problem

Das eigentliche Problem ist der ausufernde Autoverkehr und diejenigen, die ihn trotz Klimakrise, Erderhitzung, Dürreperioden und auf Kosten von Bäumen erhalten wollen, sind es ebenso. Deshalb ist der Erhalt der Bäume und der Entfall von Fahrspuren das einzig richtige. Bis dort etwas passiert wird es aber leider noch einige Zeit dauern.

Unser Leserbrief zum Artikel „Grüne Basis in Osnabrück rebelliert: 27 Bäume sollen nicht für Radweg sterben“ in der NOZ vom 28. 10. 2022:

„Es entwickelt sich mitnichten ein Konflikt zwischen „Fahrrad-Aktivisten und Baumschützern“, wie im Artikel behauptet. Denn für den Bau der sicheren Radwege an der Pagenstecher Straße müssen keine Bäume gefällt werden. Es ist der Erhalt von vier Spuren für den motorisierten Verkehr, der die Bäume bedroht. Insofern ist auch schon die Überschrift „27 Bäume sollen nicht für Radweg sterben“ falsch. Der Bau von Radwegen an der Pagenstecher Straße ist bei Radverbänden, Verwaltung und Politik völlig unstrittig und angemessen, damit die Geschäfte und Gewerbe an der Straße, zu denen eines größten Fahrradgeschäfte Osnabrücks zählt, zukünftig sicher mit dem Rad erreicht werden können. Der Rat hatte bereits beschlossen, dass die Pagenstecher Straße bei Erhalt der Bäume und Ausbau der Radwege zweispurig werden soll, damit Radfahrende nicht weiter gefährdet werden. Was die Baumstandorte nun bedroht, sind die Interessen des motorisierten Verkehrs und einzelner Gewerbetreibender. Es ist wichtig, diese Sachlage anzuerkennen, damit „Fahrrad-Aktivisten und Baumschützer“ nicht von Dritten gegeneinander ausgespielt werden.“

Radentscheid Osnabrück und ADFC Osnabrück e.V.