Schienen sind unter Radfahrenden gefürchtet. Das Vorderrad findet seine Spur in der Rille, der Sturz ist fast unausweichlich. Wenn Osnabrück eine Stadtbahn bekäme, wären auch Osnabrücker Radfahrende häufiger mit Schienen konfrontiert. 3 Stunden waren wir, Mitglieder der Osnabrücker Stadtbahninitiative (SBI) und des ADFC Osnabrück in Bremen unterwegs, um die Vereinbarkeit von Straßenbahn und Radverkehr zu erkunden. Unfallfrei radelten wir trotz Hagel und Regen unter Führung von Sandra vom ADFC Bremen und steuerten auch gefährliche Verkehrspunkte an.
Räumliche Trennung von Rad und Straßenbahn nicht überall gegeben
Bis zu 60 km/h dürfen die Straßenbahnen in Bremen fahren, berichtete Albrecht Genzel vom ADFC Bremen. An Hauptverkehrspunkten wie am Leibnitzplatz seien die Fahrer angehalten, langsamer zu fahren. Wichtig sei die räumliche Trennung von Rad und Straßenbahn, die jedoch nicht überall gegeben ist.
Hauptgefahrenpunkte finden sich vor allem an engen Straßen, ergänzte Sandra Conrad-Juhls. „Leider hat die Stadt bisher versäumt, die Straßenränder von doppelreihig parkenden Autos zu befreien“, so die ADFC-Vertreterin. An solchen Stellen droht die Dooring-Falle, eine plötzlich geöffnete Autotür. Wo der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden könne, gebiete es die Sicherheit, Fahrradfahrer*innen nicht zu überholen.
Mit weiterem Ausbau der Straßenbahn soll der bisher erreichte Anteil am Gesamtverkehr von 15% gesteigert werden, berichtete Andreas Holling von der Bremer Straßenbahn AG. Der Radverkehr habe bisher einen Anteil von ca. 27% erreicht. Unfälle zwischen Radfahrenden und Straßenbahnen seien dennoch außerordentlich selten, auch Stürze auf den Schienen spielten keine dominierende Rolle.
Auch ohne Straßenbahn in Osnabrück noch viel zu tun
Angetan waren wir von der Vielfalt und der Breite der neuen Bremer Radwege und von der neuen Fahrradzone in der Bremer Neustadt. Da bleibe auch ohne Straßenbahn in Osnabrück noch viel zu tun, um in der Stadt die Bedingungen für den Radverkehr weiter zu verbessern. Auch in Osnabrück müssen wir jetzt die Anzahl der behindernden „Stehzeuge“ in den Siedlungen zu reduzieren.
Für Osnabrück kommt es darauf an, nach Vorlage des für das erste Quartal 2023 erwarteten VKT-Gutachtens über die Möglichkeiten einer Stadtbahn in Osnabrück die Weichen in die Zukunft richtig zu stellen.
Bundesweit haben fast alle guten Fahrradstädte eine Stadtbahn, zum Beispiel Freiburg i. Br., Karlsruhe, Hannover, Bremen. Da erscheint Münster ohne Stadtbahn fast als einsames Licht. Was auf den ersten Blick wie eine Korrelation ausschaut, muss aber keine sein. Der Satz „das ist eine gute Fahrradstadt, weil es eine Stadtbahn hat“, stimmt in Anbetracht von Städten wie Bochum oder Köln sicher nicht. Nach dem Besuch in Bremen können wir allen Stadtbahn-Kritikern, die sich um unsere Gesundheit sorgen, aber sagen: Fahrrad und Stadtbahn verträgt sich. Und für eine Fahrradstadt ist es wichtig, dass neben dem Rad eine weitere Alternative zum Auto besteht. Wenn das nicht nur der Bus ist, ist es umso besser.
Johannes Bartelt, Wolfgang Seyfert, wd