Osnabrück Deutschlands zweitgrößtes Fahrradparkhaus

Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof

Im zweiten Quartal 2023 soll in Osnabrück Deutschlands zweitgrößtes Fahrradparkhaus eröffnen. Wie sehen die Baufortschritte aktuell aus, welcher Aufwand musste betrieben werden und wie wird es sich für den Besucher und Nutzer anfühlen? Wir haben in einem Vor-Ort-Termin Ende August auf der Baustelle mit Wigand Maethner, Geschäftsführer der OPG – Osnabrücker Parkstätten-Betriebsgesellschaft als Bauherr, Projektleiter Armin Mock von den Stadtwerken Osnabrück sowie mit dem verantwortlichen Architekten Dipl. Ing. Architekt Klemens Hölscher von ReindersArchitekten gesprochen. 

Moderne und einfache Abstellmöglichkeit

 Am Anfang entstand im Jahr 2017 bei der OPG gemeinsam mit der Stadt Osnabrück sowie den Stadtwerken die Idee, eine sichere, moderne und einfache Abstellmöglichkeit für Radfahrende in Bahnhofsnähe zu etablieren. Der erste Gedanke war, einen Teilbereich der bestehenden OPG-Bahnhofsgarage zu nutzen, doch schnell wurde in größeren Dimensionen gedacht und es entstand der Gedanke ein ganzes Parkdeck umzuwidmen. Im Zuge der weiteren umfangreichen Planungen standen der künftige Betreiber (Radstation Münster), die finanziellen Fördermittel und auch der grobe Bauplan fest. Somit konnte in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden. Da das Fahrradparkhaus in einem Bestandsgebäude entsteht, musste das Untergeschoss grundlegend umgebaut werden. Decken wurden für die Zufahrts-Rampe abgesägt, alte Fenster und Türen zugemauert, Rohre neu verlegt und gleichzeitig die Stabilität des gesamten Parkhauses gewährleistet. Wenn alles fertig ist, haben auf der ehemals für 100 PKW vorgesehenen Fläche mehr als 2000 Fahrräder Platz.

 Öffnungszeiten, Personal & Sicherheit 

Geöffnet und in dieser Zeit durchgehend mit qualifiziertem Personal besetzt sein wird die Abstellanlage von fünf Uhr morgens bis um 23 Uhr. Somit werden zu allen Wochentagen die Kern-Pendlerzeiten als auch langes Shoppen und Ausgehen am Wochenende ermöglicht, während der liebgewonnene Drahtesel sicher abgestellt ist. Für die Zeit in den Nachtstunden sahen die Betreiber aufgrund von Erfahrungen mit der Radstation in Münster keinen Bedarf. Das Personal aus der alten „Radstation Osnabrück“, welche aktuell noch von der Arbeitslosenselbsthilfe betrieben wird, wird teilweise nach Bewerbungsgesprächen neu eingestellt und wechselt somit den Arbeitgeber.

Einfacher Zugang mit dem Rad

Bereits von außen sollen am neugestalteten Eingang die im Fahrradparkhaus angebotenen Dienstleistungen für jeden ersichtlich und leicht verständlich sein. Hinter einer automatischen Schiebetür befindet sich eine Abtropfvorrichtung, um Regenwasser, Schnee und Schmutz von Rädern und Schuhen auf den ersten Metern aufzufangen. In die Anlage geht es NICHT über eine Treppe wie im Hamburger Fahrradparkhaus (extra3 auf You-Tube: „Realer Irrsinn: Das total verrückte Fahrradparkhaus in Hamburg“), sondern über eine Rampe mit 10% Gefälle/Steigung schiebend in das Untergeschoss. Am Fuß der Rampe befindet sich eine Anmeldung für Neukunden/Tageskunden und für die integrierte Werkstatt. Von hier an haben Tageskunden, Dauerkunden, VIP-Dauerkunden und Sonderfahrräder (z.B. Lastenräder) eigens zugewiesene Bereiche. Die 1,80m breiten Gänge zwischen den Fahrradständern sollen gut ausgeleuchtet sein, um auch ein entsprechendes Sicherheitsgefühl zu geben. Verlassen werden kann das Parkhaus über die Rampe und das Treppenhaus in Richtung von Gleis 1. Ein Betreten der Anlage ist ohne Fahrrad durch das Treppenhaus von Gleis 1 möglich. Die anderen Treppenhäuser dienen genau wie die alten Ein- und Ausfahrtsspindeln als Notausgang.

Parkvignetten und Kosten

Da die Betreiber in Münster bereits auf mehrjährige Erfahrungen von nun mittlerweile zwei Fahrradparkhäusern zurückgreifen können, wird in Osnabrück auf mittlerweile Bewährtes gesetzt. Wer sich als Kunde registriert, erhält für den bezahlten Zeitraum eine „Parkvignette“ sichtbar auf dem Rad aufgeklebt und kann nach dem Abstellen und Abschließen des Rades das Parkhaus verlassen. Tageskunden müssen dies bei jedem Besuch machen. Wer bereits registrierter Kunde mit gültiger Vignette ist, kann am Empfang einfach vorbeigehen und so unkompliziert Zeit sparen. Die Kosten werden sich in etwa an denen der aktuellen Radstation orientieren. Dort liegen die Kosten für Tagesparker bei 0,90€. Dauerparker zahlen 9€/Monat oder 90€/Jahr. Gespräche für eine Einbindung der „MobilKarte“ der SWO oder anderen Kooperationen wurden bereits geführt, aber sind noch nicht abgeschlossen. Kontrolliert werden die Parkvignetten zwischendurch auf Rundgängen durch die Mitarbeitenden der Anlage. 

 

im neuen Fahrradparkhaus ins Osnabrück

Fahrradständer und Wertfächer mit Lademöglichkeiten

  Die Fahrradständer stammen von der Firma „Orion Bausysteme“, welche bereits in mehreren Fahrradparkhäusern, aber auch an Supermärkten (z.B. Marktkauf Nahne) verwendet werden, und kommen für dieses Projekt in den Versionen „BETA-XXL“ (448 Stellplätze) und „Doppelparker 5R-+Top“ (1858 Stellplätze) daher. Beide Ständertypen wurden vom ADFC getestet und empfohlen. Somit können wir guten Gewissens sagen, dass hier qualitativ hochwertige und nutzerfreundliche Systeme verbaut werden.

Bei beiden Systemen haben auch breitere Räder Platz. In der „Doppelparker 5R+ Top“ Version können die Reifen bis zu 7cm breit sein. Somit fasst die Anlage auch die meisten Mountainbikes.

 Hinzu kommen noch 34 Boxen mit insgesamt 204 abschließbaren Wertfächern mit Lademöglichkeiten für E-Bike-Akkus. Fahrradhelme- und Taschen können hier ebenfalls eingeschlossen werden.

Werkstatt, Waschanlage und Mieträder und Verkauf

In der angebundenen zertifizierten Werkstatt kann das eigene Rad abgegeben und vom fachkundigen Personal professionell wieder repariert und fahrtüchtig gemacht werden. Eine Reinigung in der Fahrradwaschanlage ist ebenfalls möglich (auch für E-Bikes). Sollte eine Reparatur länger dauern, so können Mieträder vergünstigt geliehen werden.

Insgesamt werden 60 Standard- und 20 E-Bikes der Firma „Velo de Ville“ aus dem 60km entfernten Altenberge als Mieträder zur Verfügung stehen. Wer Gefallen an den geliehenen Rädern hat, kann eine Bestellung beim Hersteller für ein neues Rad aufgeben oder sofern aktuell angeboten auch ein gebrauchtes und ausgemustertes Mietrad erwerben. Keines der gebrauchten Räder ist dabei älter als 2,5 Jahre und erhält ein Jahr Garantie nach Prüfung durch die Werkstatt.

Umbauarbeiten am Vorplatz

Auf dem Vorplatz zum neuen Fahrradparkhaus werden laut städtischer Planung viele der kostenfreien Abstellplätze wegfallen, damit eine sichere und bequeme Zufahrt für Radfahrende gewährleistet werden kann. An dieser Stelle ist bisher bautechnisch noch nichts passiert. Laut Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück soll der Umbau des Bahnhofsvorplatzes „unter größtmöglicher Wahrung des seinerzeitigen Entwurfsgedankens“ erfolgen. „Nichtsdestotrotz wird mit einem bisher auf dem Bahnhofsvorplatz nicht existenten Radweg ein neuer Belag integriert, der in Puncto Erkennbarkeit, Eindeutigkeit und Fahrkomfort keine Kompromisse eingeht. … Der Radweg soll ferner gegenüber dem Kfz-Verkehr bevorrechtigt werden.“ Für dieses Vorhaben werden 200 der bisher 260 Radanlehnbügel entfallen. 

Insgesamt werden die Investitionen für den Vorplatz fast 1,1 Millionen Euro kosten.

Fazit und Erfahrungen vom ADFC Münsterland

Allgemein wirkt das Konzept sehr überlegt und praktikabel. Dennoch muss es sich nach Eröffnung beweisen. Katja Siepmann vom ADFC Münsterland hat mit den angebotenen Öffnungszeiten bisher gute Erfahrungen gemacht. Bei Tagesparker*innen sei immer einiges frei, bei Dauerparker*innen gut gefüllt. VIP-Stellplätze sind oft ausgebucht! Ein klarer Vorteil liegt laut ihrer Aussage in der Bewirtschaftung der Radstation: „Es gibt Werkstatt, Waschanlage und Radverleih, sodass der Service über ein reines Parkhaus hinausgeht.“ Wir sind gespannt und werden die Entwicklung weiter beobachten.